Aktuelle kantonale Entscheide im Bau- und Immobilienrecht

Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 RPG; Standortgebundenheit von Bauten und Anlagen, die der Hippotherapie dienen

(Kantonsgericht BL)

Mit Revision der Zonenvorschriften "Siedlung und Landschaft" vom 31. Mai 2010 und 26. September 2011 beschloss der Einwohnerrat Binningen u.a. die Ausscheidung einer "Spezialzone Hippotherapie" (therapeutisches Reiten) auf dem Gebiet der in der Landwirtschaftszone gelegenen Parzelle 1042, Grundbuch Binningen. Die Genehmigung der Spezialzone wurde vom Regierungsrat BL verweigert. Dieser Entscheid wurde vom Kantonsgericht BL mit Urteil Nr. 810 13 320 vom 21. Mai 2014 bestätigt.

Im September 2015 reichte die Stiftung D ein Baugesuch betreffend "Neu- und Umbau Hippotherapie-Zentrum" auf der vorgenannten Parzelle Nr. 1042 ein, mit dem Antrag, das Bauvorhaben sei einerseits teilweise gestützt auf Art. 24c des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG, SR 700) als massvolle Erweiterung und andererseits nach Art. 24 RPG zusätzlich als Neuanlage zu bewilligen (Ausnahmebewilligung).

Die dagegen erhobene Einsprache von A, B und C wurde von der zuständige Bau- und Umweltdirektion (BUD) BL abgewiesen. Der Regierungsrat BL hat diesen Entscheid bestätigt.

Das Kantonsgericht BL hat die gegen den Entscheid des Regierungsrats erhobene Beschwerde demgegenüber gutgeheissen und die Ausnahmebewilligung für das Baugesuch mit nachstehender Begründung verweigert.

Nachdem unbestritten war, dass das Bauvorhaben – in Bezug auf den Neubau –über die Erweiterungsmöglichkeiten von Art. 24c RPG hinausgeht und gestützt auf diese Norm nicht bewilligt werden kann, prüfte das Kantonsgericht nur noch, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 RPG vorlagen.

Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG setzt kumulativ voraus, dass der Zweck der Baute und Anlage einen Standort ausserhalb der Bauzone erfordert (lit. a) und keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b).

Unter Verweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung hielt das Kantonsgericht BL fest, dass die Standortgebundenheit nichtlandwirtschaftlicher, gewerblicher Pferdehaltungen ausserhalb der Bauzonen grundsätzlich zu verneinen ist (vgl. z.B. BGE 111 Ib 213, E.3). Vielmehr gehören Bauten und Anlagen für die gewerbliche Pferdehaltung in die Bauzone oder in eine Spezialzone gemäss Art. 18 RPG. Soweit sich für gewerbliche Pferdebetriebe in bestehenden Bauzonen keine geeigneten Standorte finden lassen, haben die Gemeinden gemäss der einschlägigen Wegleitung des Bundesamts für Raumentwicklung ARE (Wegleitung "Pferd und Raumplanung") die Möglichkeit, Spezialzonen auszuscheiden.

Die Argumente der Beschwerdegegner, wonach der Betrieb des Hippotherapie-Zentrums aufgrund der mit der Pferdehaltung verbundenen Immissionen bzw. der Gefahr von schreckverursachendem Lärm weder in der Wohn- und Geschäftszone noch in der Gewerbe- und Industriezone möglich sei, erachtete das Kantonsgericht als nicht stichhaltig.

Zunächst sei nicht ersichtlich, inwiefern die Pferdehaltung für die Hippotherapie – im Unterschied zur Pferdehaltung für andere nichtlandwirtschaftliche Zwecke – in besonderem Mass auf einen Standort ausserhalb der Bauzone angewiesen sein soll (Art. 24 lit. a RPG). Sodann überzeuge der Hinweis der Beschwerdegegner auf die besondere Lärmempfindlichkeit der Hippotherapie nicht. Namentlich sei nicht ersichtlich, dass die Hippotherapie nicht auch in einer – vor Lärmimmissionen geschützten – Reithalle durchgeführt werden könne. Schliesslich sehe § 28 des basellandschaftlichen Raumplanungs- und Baugesetzes (RBG, GS 400) die Möglichkeit der Ausscheidung einer Spezialzone gemäss Art. 18 RPG ausdrücklich vor. Dies gelte auch für die Nutzungsart Hippotherapie, auch wenn diese im Katalog der Nutzungen von § 28 RBG nicht explizit aufgeführt sei (Kantonsgericht BL, Urteil Nr. 810 18 4 vom 5. September 2018).

Michel Jutzeler