Aktuelle kantonale Entscheide im Bau- und Immobilienrecht

Kantonale Gerichtsentscheide BL

Altlastensanierung / Beschwerdelegi­timation von Anwohnern und Umweltschutzverbänden

(Kantonsgericht BL)

Gestützt auf eine Voruntersuchung nach Art. 7 der Altlasten-Verordnung (AltlV, SR 814.680) kam das basellandschaftliche Amt für Umweltschutz und Energie (AEU) zum Schluss, dass die Deponie Feldreben in Muttenz sanierungsbedürftig ist. Nach Durchführung der Detailuntersuchung gemäss Art. 14 AltlV haben die betroffenen Parteien ein Sanierungsprojekt erarbeitet, welches vom AEU mit Verfügung vom 16. August 2016 genehmigt wurde. Gegen diese Verfügung erhob der Verein "Aktionskomitee Chemiemüll weg!" zusammen mit Einwohnern aus Muttenz Beschwerde an der Regierungsrat, welcher zufolge fehlender Legitimation nicht auf die Beschwerde eintrat.

Gegen diesen Regierungsratsbeschluss erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an das Kantonsgericht. Der Streitgegenstand war auf die Frage beschränkt, ob die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführer zu Recht verneint wurde.

Die beschwerdeführenden Einwohner waren nicht Adressaten der angefochtenen Verfügung. Es handelte es sich um sog. Drittbetroffene. Zu Verhinderung von Popularbeschwerden, sind Drittbetroffene nur dann zur Beschwerde legitimiert, wenn sie vom Entscheid persönlich und stärker als jedermann betroffen sind und ein schutzwürdiges Interessen ausweisen können.

Die Beschwerdeführer stellten sich auf den Standpunkt, dass sich die Sanierungsverfügung auf ein eigentliches Bauprojekt beziehe, weshalb die baurechtlichen Legitimationsanforderungen zum Tragen kämen. Im Baurecht ergibt sich die erforderliche Beziehungsnähe zum Streitgegenstand insbesondere aus der räumlichen Nähe zur benachbarten Liegenschaft. Erforderlich sind jedoch zusätzlich nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf das Nachbargrundstück. Das Beschwerderecht wird in der Regel anerkannt, wenn der Bau oder Betrieb einer projektierten Anlage mit Sicherheit oder grosser Wahrscheinlichkeit zu Immissionen führt und die Beschwerdeführen durch diese – seien es Lärm-, Staub-, Erschütterungs-, Licht- oder andere Einwirkungen – betroffen sind. Das Kantonsgericht kam allerdings zum Schluss, dass mit der angefochtenen Sanierungsverfügung noch kein Bauprojekt bewilligt werde. Vielmehr handle es sich dabei um ein Planungsinstrument, welches nicht unmittelbar zu Immissionen führe, weshalb die Beschwerdelegitimation entfalle. Ausserdem fehle es den beschwerdeführenden Anwohner an der besonderen Betroffenheit im Vergleich zur Allgemeinheit.

Der beschwerdeführende Verein berief sich für seine Legitimation auf das in § 46 des Umweltschutzgesetzes Basel-Landschaft (USG BL, SGS 780) statuierte Beschwerderecht von Umweltschutzorganisationen. Diese Bestimmung setzt u.a. voraus, dass die angefochtene Verfügung in einem Verfahren erlassen wurde, das der Publikationspflicht unterliegt (§ 46 Abs. 1 lit. b USG BL). Das Kantonsgericht kam zum Schluss, dass unter "Publikation" die öffentliche Auflage des Projekts zu verstehen sei, wie dies im Raumplanungs- und Baurecht häufig der Fall ist. Für den vorliegenden Fall der Ausarbeitung eines Sanierungsprojekts sähen aber weder das Umweltschutzgesetz des Bundes (USG SR 814.01) noch die AltlV eine vorherige öffentliche Auflage des Vorhabens vor, weshalb das sog. Verbandsbeschwerderecht den Beschwerdeführern im vorliegenden Fall nicht offensteht (Kantonsgericht BL, Urteil Nr. 810 17 94 vom 14. November 2018).

Der – ausserordentlich ausführlich begründete – Entscheid zeigt, dass die Anfechtung von Sanierungsverfügungen nach Art. 18 Abs. 2 AltlV für Drittbetroffene und Umweltschutzverbände nur sehr schwer möglich ist. Betroffenen ist daher zu empfehlen, jeweils gegen die mit der Sanierung verbundenen Bau- und Ausführungsprojekten Beschwerde zu erheben, da in diesen Verfahren die Anforderungen an die Beschwerdelegitimation i.d.R. geringer sind.

Michel Jutzeler