Mündigenunterhalt bei Abbruch und Wiederaufnahme einer Berufsausbildung

Gemäss Art. 277 Abs. 2 ZGB haben die Eltern grundsätzlich auch über die Volljährigkeit hinaus für den Unterhalt des Kindes aufzukommen, bis zum Abschluss einer angemessenen Berufsausbildung. Das Gesetz sieht keine zeitliche Befristung des Volljährigenunterhalts vor.

Was unter einer angemessenen Ausbildung im Sinne des Gesetzes zu verstehen ist, muss jeweils aufgrund des Einzelfalls beurteilt werden. So kann ein Lehrabschluss nicht generell als angemessene Ausbildung qualifiziert werden, sofern der Lehrabschluss im Rahmen eines gesamten Ausbildungskonzepts nur einen Teilabschnitt darstellt, der noch nicht zur selbständigen und selbst finanzierten Weiterbildung befähigt. Diesfalls ist auch nach dem Lehrabschluss noch Unterhalt gestützt auf Art. 277 Abs. 2 ZGB geschuldet.

Bricht das Kind die Ausbildung ab, so stellt sich die Frage, ob nach einem Abbruch einer einmal begonnenen Ausbildung die Unterhaltspflicht der Eltern für eine weitere Ausbildung fortbesteht. Massgebend ist in diesem Zusammenhang, aus welchen Gründen das Kind sich für eine andere Ausbildung entscheidet. Wenn das Kind die Ausbildung abbricht und keine weitere Ausbildung in Angriff nimmt, so endet die Unterhaltspflicht der Eltern. Anders verhält es sich jedoch bei Abbruch und Wiederaufnahme einer Ausbildung. Leidet das Kind an einer Krankheit und muss es aus diesem Grund seine Ausbildung unterbrechen, so dauert die Unterhaltspflicht der Eltern im Allgemeinen an. Schwieriger zu beurteilen ist die Frage der Fortdauer der Unterhaltspflicht, sofern das Kind seine Ausbildung abbricht, weil die in Angriff genommene Ausbildung nicht seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten entspricht. In diesem Falle dürfte im Wesentlichen massgebend sein, wie lange die nunmehr abgebrochene Ausbildung bereits verfolgt wurde. Nach Abbruch der Ausbildung nach einem Jahr dürfte in der Regel die Pflicht der Eltern zur Fortsetzung von Mündigenunterhalt nach wie vor bestehen.

Wird die Auszeit zur Ergänzung eines Ausbildungsplans eingesetzt (Sprachaufenthalt, Praktika) so ist ebenfalls von einem Weiterbestehen der Unterhaltspflicht auszugehen. Anders zu beurteilen wäre ein Unterbruch aufgrund mangelnden Interesses oder Stimmungswechsel, ohne dass sich das Kind in der Folge zur Inangriffnahme einer anderen Ausbildung entscheidet.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass ein einmaliger Abbruch nach kurzer Ausbildungszeit und die anschliessende Aufnahme einer anderen Ausbildung nicht in jedem Fall dazu führen, dass die Unterhaltspflicht der Eltern endigt. Vielmehr ist betreffend Fortbestand der Unterhaltspflicht eine genaue und auf den Einzelfall bezogene Prüfung und Abwägung sämtlicher Kriterien notwendig.

Dr. Caroline Cron

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