Gebäudeenergiegesetz (GEG) aus der Sicht der erbrechtlichen Nachfolgeplanung – Fragen, Zweifel und mögliche Antworten:

Was steht hinter dem Begriff „Eigentümerwechsel“ und welche Folgen hat er?

Seit dem 1. Januar 2024 gilt das Gebäudeenergiegesetz (GEG) in einer überarbeiteten Fassung. Es hat das Ziel, den Energieverbrauch in Gebäuden zu senken und erneuerbare Energien stärker zu nutzen. Dabei regelt es zahlreiche Aspekte rund um Heizen, Kühlen und die energetische Ausstattung von Immobilien. Doch eine Frage wird oft übersehen: Was versteht das Gesetz unter „Eigentümerwechsel“ und welche Pflichten bringt er mit sich?

Teil 1: Einführung – Der „Eigentümerwechsel“ im GEG

Ein „Eigentümerwechsel“ ist kein neues Konzept, das durch das GEG eingeführt wurde. Vielmehr besteht diese Regelung schon seit der Energieeinsparverordnung (EnEV) von 2002, die später in das GEG integriert wurde. Das zu wissen erscheint wichtig, weil – wie aufzuzeigen ist –, nicht erst das GEG an einen Eigentümerwechsel recht umfangreiche Nachrüstungs-pflichten knüpft (§§ 47, 69, 72, 73 GEG). Konkret bedeutet das: Der bisherige Eigentümer von Bestandsgebäuden wie Ein- und Zweifamilienhäusern ist von einigen Nachrüstungspflichten befreit – solange er eine der Wohnungen selbst bewohnt. Erst der neue Eigentümer muss diese Pflichten innerhalb von zwei Jahren nach dem Eigentumsübergang erfüllen.

Das GEG schreibt Nachrüstungspflichten für drei Bereiche vor:

  1. Die Außerbetriebnahme alter Heizkessel
    Öl- und Gasheizkessel, die vor dem Jahr 1991 eingebaut wurden, dürfen nicht mehr betrieben werden (§ 72 GEG). Später installierte Heizkessel dürfen maximal 30 Jahre betrieben werden. Danach müssen sie ausgetauscht werden.
  2. Die Dämmung von Wärmeverteilungs- und Warmwasserleitungen
    Neu eingebaute Heizungs- und Warmwasserrohre in unbeheizten Räumen müssen gedämmt werden (§ 71 GEG).
  3. Die Dämmung von Dächern oder Dachgeschossen
    Oberste Geschossdecken zu unbeheizten Dachräumen müssen gedämmt werden (§ 47 GEG). Alternativ dazu kann auch das darüber liegende Dach entsprechend gedämmt werden.

Diese Regelungen haben sich inhaltlich seit ihrer Einführung kaum verändert. So findet sich etwa die entsprechende Passage im aktuellen GEG (§ 47 Abs. 3) in fast identischer Form bereits in der EnEV von 2002.

Warum gibt es diese Regelung?

Die ursprüngliche Idee hinter der Regelung war es, Eigentümer kleinerer Wohngebäude – oft Menschen mit geringerem Einkommen – vor finanziellen Belastungen durch Modernisierungs-auflagen zu schützen. Viele dieser Häuser stammen aus den 1950er- bis 1970er-Jahren und sind oft von den Eigentümern selbst bewohnt. Für diese Zielgruppe sollten unzumutbare Kosten vermieden werden. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass der neue Eigentümer die Modernisierungskosten bereits beim Erwerb berücksichtigt und diese finanziell einplanen kann.

Die festgelegte Frist von zwei Jahren nach dem Eigentümerwechsel soll dem neuen Eigentümer ausreichend Zeit geben, um die Maßnahmen umzusetzen.

Unklarer Begriff: Was ist ein „Eigentümerwechsel“?

Während die Regelung auf den ersten Blick klar erscheint, ergeben sich in der Praxis zahlreiche Fragen. Denn im Gesetzgebungsverfahren zur Erstfassung der EnEV wurde ausdrücklich nur der Kauf eines Bestandsgebäudes als Sachverhalt erwähnt, der einen Eigentümerwechsel darstellen soll.

Doch wie verhält es sich mit Erbfällen oder Schenkungen? Werden auch durch Erbfälle oder Schenkungen diese gesetzlichen Verpflichtungen ausgelöst?

Die Spezialliteratur zum Gebäudeenergiegesetz geht mehrheitlich wie selbstverständlich davon aus, dass jeder Eigentumsübergang – egal ob durch Kauf, Erbschaft oder Schenkung – die Nachrüstungspflichten auslöst. Aber ist das wirklich so? Weder das GEG in der heutigen Fassung noch seine Vorgänger regeln diesen Punkt eindeutig. Dies führt zu Unsicherheiten: Hätten Erben oder Beschenkte bereits seit dem Inkrafttreten der ersten Energieeinsparverordnung am 01.02.2002 entsprechende Maßnahmen ergreifen müssen? Und falls nicht, drohen ihnen rückwirkend Konsequenzen, wie Bußgelder?

Immerhin gelten seit der Neufassung der EnEV 2013 Verstöße gegen die Nachrüstungspflichten als Ordnungswidrigkeit, sofern sie vorsätzlich oder leichtfertig begangen werden (§ 27 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 EnEV 2013), die mit Bußgeldern von bis zu 50.000 Euro geahndet werden können (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 EnEV). 

Was sollten Eigentümer und Erwerber wissen?

Wenn Sie ein Gebäude übernehmen – sei es durch Kauf, Erbschaft oder Schenkung –, sollten Sie prüfen, welche Nachrüstungspflichten gemäß GEG bestehen. Die gesetzlich geregelte Frist von zwei Jahren gibt Ihnen Zeit, die notwendigen Maßnahmen umzusetzen. Dennoch empfiehlt sich eine frühzeitige Planung, um Bußgelder und andere rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

Wie geht es weiter?

Im zweiten Teil unserer Serie werden wir uns genauer mit der Frage beschäftigen, ob und wie Erbfälle oder Schenkungen tatsächlich zu Nachrüstungspflichten führen können. Gibt es „Schlupflöcher“ oder Interpretationsspielräume, und wie können Betroffene sich absichern?

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