Eidgenössische Initiative über die Erbschaftssteuer

 

1. Ausgangslage

Unter dem Titel „Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV“ wurde eine Volksinitiative lanciert zur Einführung einer eidgenössischen Schenkungs- und Erbschaftssteuer mit einem einheitlichen Steuersatz von 20%. Damit fordert die Initiative unter anderem auch die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen an direkte Nachkommen, welche mit ganz wenigen Ausnahmen abgeschafft worden ist. Die Initianten können in den Kantonen bis am 16. Februar 2013 die benötigen 100‘000 Unterschriften sammeln. Aufgrund der grossen Resonanz und da seit der Lancierung im August 2011 bereits sehr viele Unterschriften gesammelt worden sind, wird die Initiative zustande kommen. Dann muss sie vom Parlament beraten und dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden. Mit einer Abstimmung ist nicht vor 2015 zu rechnen.

2. Kernelemente der Initiative

Die Initiative ersetzt die bisher kantonale Schenkungs- und Erbschaftssteuer durch eine eidgenössische Steuer. Die Kantone sollen aber 1/3 des Steuerertrags erhalten und die AHV die restlichen 2/3. Während die bisherigen kantonalen Schenkungs- und Erbschaftsteuern den Steuersatz nach Verwandtschaftsgrad unterscheiden (z.B. im Kanton Basel-Stadt: zwischen 0% und 49.5%), sieht die Volksinitiative einen Einheitssatz von 20% vor, unabhängig vom Verwandtschaftsgrad der Beschenkten bzw. Erben.

Gemäss Initiative sind Ehegatten und registrierte Partner von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit, und Familienunternehmen sowie landwirtschaftliche Betriebe sollen von gesetzlich zu definierenden Ermässigungen profitieren. Zuwendungen an steuerbefreite (gemeinnützige) juristische Personen bleiben befreit. Schliesslich sieht die Initiative einen einmaligen Freibetrag von CHF 2 Mio. pro Nachlass (inkl. steuerpflichtige Schenkungen) vor und nimmt Geschenke von höchstens CHF 20‘000.-- pro Empfänger und Jahr von der Besteuerung aus.

3. Rückwirkung (Übergangsbestimmung)

Brisant ist die von der Initiative vorgesehene Rückwirkung: Danach werden Schenkungen ab 1. Januar 2012 rückwirkend dem Nachlass zugerechnet und zwar zum Verkehrswert. Es ist denkbar, dass der Bundesrat oder das Parlament allein schon wegen dieser problematischen Rückwirkung einen Gegenvorschlag formulieren wird. Für die Risikobeurteilung muss aus heutiger Sicht aber von der Rückwirkung gemäss Initiative ausgegangen werden.

4. Sofortmassnahmen bis Ende 2011

Um der Rückwirkung bis 1. Januar 2012 zu entgehen und um insbesondere zu verhindern oder minimieren, dass direkte Nachkommen bei Annahme der Initiative mit 20% besteuert werden, sind bei Nettovermögen von mehr als CHF 2 Mio. (Verkehrswert) (1) die Möglichkeit und die Wünschbarkeit der Umsetzung namentlich der folgenden Massnahmen abzuklären und (2) diese Massnahmen gegebenenfalls auch umzusetzen:

- Optimierung des Vermögens im Hinblick auf den Steuerfreibetrag von
CHF 2 Mio. durch lebzeitige und letztwillige Verfügungen

- Schenkung von Liegenschaften an Nachkommen, eventuell unter Vorbehalt der Nutzniessung oder des Wohnrechts zugunsten des Schenkers

- bei grossen Bankdepots: Schenkung an Nachkommen, eventuell mit Nutzniessungsvorbehalt

Grundsätzlich sollten Schenkungen nur in einem Umfang in Betracht gezogen werden, der für den Schenker mit grosser Wahrscheinlichkeit verkraftbar ist. Sinnvoll kann es sein, den Rückfall der Schenkung zu vereinbaren für den Fall, dass der Beschenkte vor dem Schenker stirbt.

Abklärungen bei den Steuerverwaltungen der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft haben ergeben, dass bei Vereinbarung entsprechender auflösender Bedingungen Schenkungen ohne Steuerfolgen wieder rückgängig gemacht werden können. Allerdings bleibt die Steuerumgehung vorbehalten. Eine solche würde die Steuerverwaltung Basel-Stadt annehmen, sofern der Schenkungsrückfall vereinbart würde für den Fall der Ablehnung der Initiative.

Zu analysieren ist jeder Fall für sich. Gerne sind Ihnen die Anwälte und Notare von Lenz Caemmerer dabei behilflich.

Dr. Gert Thoenen / Dr. Benedikt Suter