Lohn oder Dividende?

 

Ein hochaktuelles Thema in vielen Schweizer Kantonen ist die Abschaffung, beziehungsweise Reduzierung der steuerlichen Doppelbelastung von Dividenden. Gestützt auf dieses System mussten Dividenden, welche bei der Gesellschaft bereits als Gewinn versteuert worden sind, beim empfangenden Aktionär nochmals als Einkommen versteuert werden. Dies führte dazu, dass der angestellte (Allein-) Aktionär sich primär einen möglichst hohen Lohn auszahlen liess, der bei der Gesellschaft als Aufwand verbucht werden konnte. Die Steuerverwaltungen akzeptierten dies allerdings nur in einem bestimmten Verhältnis, ansonsten eine verdeckte Gewinnausschüttung mit Aufrechnung bei der Gesellschaft angenommen worden ist. Nachdem nun viele Kantone, insbesondere zur Entlastung der KMU, zu einem Teilbesteuerungsverfahren umgestiegen sind, wonach die Dividende nicht vollumfänglich als Einkommen beim empfangenden Aktionär besteuert wird, ist es in solchen Kantonen zunehmend attraktiver, eine Dividende als Lohn auszuzahlen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Dividende im Gegensatz zum Lohn nicht AHV-pflichtig ist.

In diesem Zusammenhang stellte sich schon in der Vergangenheit die Frage, ob es einen AHV-rechtlich motivierten Minimallohn gibt. Mit dieser Frage musste sich das Eidgenössische Versicherungsgericht bereits in der Vergangenheit verschiedentlich auseinandersetzen. Regelmässig wurde die AHV-Pflicht von Dividenden bejaht, wenn ein gewisser Minimallohn nicht bezahlt worden ist. In der Regel wurde dabei als Massstab zur Beurteilung das Verhältnis Dividende/Aktienkapital angewendet. In einem neueren Entscheid vom 5. Juni 2008 (9C. 107/2008) hat das Bundesgericht entschieden, dass der AHV-rechtliche Massstab der Dividende nicht nach dem Verhältnis Dividende/Aktienkapital, sondern nach dem Verhältnis Dividende/Eigenkapital beurteilt werden müsse. Im konkreten Fall hat das Bundesgericht eine Dividende von CHF 340'000.-- ins Verhältnis zum Eigenkapital von CHF 19'000'000.-- gesetzt und kam zum Schluss, dass eine solche Dividende AHV-rechtlich nicht unangemessen sei. Bei der vorliegenden Konstellation ergab sich eine Rendite von 3,6% und dies wurde als angemessen betrachtet, was dazu führte, dass auf dieser Dividende keine AHV geschuldet war.

Dr. Gert Thoenen

Lenz Caemmerer

11. Juli 2008