COVID-19-Newsletter: Berücksichtigung von Ferien- und Feiertagsentschädigungen bei der Berechnung der Kurzarbeitsentschädigung

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Das Kantonsgericht Luzern hat in einem wegweisenden Entscheid festgestellt, dass Art. 8i der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung der Bestimmung in Art. 34 Abs. 2 AVIG nachgeht und bei der im Summarverfahren ausgerichteten Kurzarbeitsentschädigung auch eine Ferien- und Feiertagsentschädigung zu berücksichtigen ist.

Worum geht es?

Im Frühjahr 2020 wurden im Zuge der ersten Corona-Welle die bürokratischen Hürden für die Gewährung von Kurzarbeitsentschädigungen grosszügig abgebaut. Per Notrecht führte der Bundesrat in der Covid-19-Verordnung für die Gewährung der Kurzarbeitszeitentschädigungen ein vereinfachtes Verfahren ein, um die Arbeitgeber und Arbeitnehmer in dieser Krise möglichst rasch finanziell unterstützen zu können und so Massenentlassungen zu verhindern.

Ein Gastrounternehmen im Kanton Luzern beantragte für die Zeit des ersten Lockdowns infolge Umsatzrückgangs durch die Corona-Pandemie bei der kantonalen Arbeitslosenkasse Kurzarbeitsentschädigung für den gesamten Betrieb. Ende April 2020 richtete die Arbeitslosenkasse die Zahlung für den Monat März 2020 aus.

Am 22. Mai 2020 teilte die Arbeitslosenkasse dem Unternehmen mit, dass – unter der geltenden Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung – für im Monatslohn beschäftigte Arbeitnehmer kein Anspruch auf Ferien- und Feiertagsentschädigungen berücksichtigt werden könne. Die Arbeitslosenkasse berief sich dabei auf eine Weisung des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO).

Die Arbeitslosenkasse machte daraufhin eine Rückforderung für zu viel ausbezahlte Kurzarbeitsentschädigungen geltend, welche das Unternehmen gerichtlich angefochten hat.

Wie ist die Ausgangslage?

Es ging im vorliegenden Fall massgeblich um die Anwendbarkeit von Art. 34 Abs. 2 AVIG. Dieser hält fest, dass der für die Kurzarbeitsentschädigung massgebende Lohn dem vereinbarten Lohn in der letzten Zahltagsperiode vor Beginn der Kurzarbeit entspricht und Ferienentschädigungen und sonstige vertraglich vereinbarte regelmässige Zulagen (soweit sie nicht während der Kurzarbeit weiter bezahlt werden) mitberücksichtigt werden.

Die Arbeitslosenversicherung stellte sich (zusammengefasst) auf den Standpunkt, dass gemäss der Weisung des SECO im summarischen Verfahren gemäss der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung bei der Bemessung der Kurzarbeitsentschädigung einzig auf die AHV-pflichtige Lohnsumme abgestellt werde und diese bei im Monatslohn angestellten Personen keine Ferien- bzw. Feiertagsentschädigung enthalte (da diese normalerweise durch Zeit ausgeglichen werde). Dies sei nur bei im Stundenlohn angestellten Personen der Fall. Art. 34 Abs. 2 AVIG sei mit der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung und mit dem dort angeordneten Summarverfahren ausser Kraft gesetzt worden. Die Anwendung dieses summarischen Verfahrens sei zudem bis und mit Dezember 2020 zwingend.

Wie beurteilte das Kantonsgericht die Rechtslage?

Unstreitig ist gemäss dem Kantonsgericht, dass im Normalverfahren, also ausserhalb des Geltungsbereiches der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung, bei der Ermittlung des anrechenbaren Stundenverdienstes die Ferien- und Feiertage mitberücksichtigt werden und sich dieser Anspruch auf Art. 34 Abs. 2 AVIG stützt.

Bei den im Monatslohn beschäftigten Angestellten werden Ferien- und Feiertage normalerweise in Form von bezahlter (Frei‑)Zeit entschädigt und nicht als gesonderte AHV-pflichtige Zulage ausgerichtet. Dieser Umstand wird in der Praxis bei der Berechnung des anrechenbaren Stundenverdienstes (welcher Basis für die Berechnung der Kurzarbeitsentschädigung bildet) in der Form berücksichtigt, dass die Ferien- und Feiertagsstunden von der Jahresarbeitszeit in Abzug gebracht werden, wodurch sich im Gegenzug der errechnete Stundenverdienst des Arbeitnehmers erhöht.

Das Kantonsgericht kam zum Schluss, dass der Wortlaut von Art. 8i der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung einer Anwendung von Art. 34 Abs. 2 AVIG in Bezug auf die Berechnung des anrechenbaren Stundenverdienstes nicht entgegensteht und eine Nichtberücksichtigung von Ferien- und Feiertagsentschädigungen bei Angestellten im Monatslohn daher nicht zulässig ist.

Auch unter dem Blickwinkel der Gleichbehandlung darf es gemäss den Erwägungen des Kantonsgerichts keine Rolle spielen, ob die Ferien- und Feiertage in Form von bezahlter (Frei‑)Zeit (bei Angestellten im Monatslohn) oder einem jeweils separaten Ferien- oder Feiertagszuschlag (bei Angestellten im Stundenlohn) gewährt wird, da beide Entschädigungsformen schlussendlich vollumfänglich der AHV-Pflicht unterliegen.

Soweit sich die Arbeitslosenkasse auf die Weisung des SECO stützte, welche bei der Berechnung der Kurzarbeitsentschädigung einzig auf den AHV-pflichtigen Lohn abstellt, hält das Kantonsgericht fest, dass diese Weisung gegen (immer noch geltendes) Bundesrecht in Form von Art. 34 Abs. 2 AVIG verstösst, weil nicht alle dort enthaltenen Lohnbestandteile bei der Berechnung der Kurzarbeitsentschädigung berücksichtigt werden.

Für eine Abweichung vom geltenden Bundesrecht stellt die Weisung des SECO gemäss den kantonsgerichtlichen Erwägungen als blosse Verwaltungsverordnung keine genügende Rechtsquelle dar. Für eine Abweichung vom in Art. 34 Abs. 2 AVIG festgehaltenen Grundsatz fehlte es der Arbeitslosenkasse somit an einer Rechtsgrundlage, weshalb das Kantonsgericht die Verfügung der Arbeitslosenkasse aufhob und die Sache zur Neubeurteilung an diese zurückwies.

Was bedeutet dieser Entscheid für Sie als Arbeitgeber?

Das Urteil des Kantonsgerichts ist (zum jetzigen Zeitpunkt) noch nicht in Rechtskraft erwachsen. Eine abschliessende Klärung der Frage durch das Bundesgericht, ob Art. 8i der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung die Anwendung von Art. 34 Abs. 2 AVIG vollumfänglich ausschliesst oder nicht, steht noch aus.

Sollten Sie als Arbeitgeber von der Arbeitslosenkasse eine Rückforderung für zu viel ausbezahlte Kurzarbeitsentschädigungen wegen der Berücksichtigung von Ferien- und Feiertagsentschädigungen erhalten, empfiehlt es sich vorsorglich Einsprache zu erheben, bis die offenen Fragen abschliessend geklärt sind.

Gleiches gilt, wenn bei den Ihnen ausbezahlten Kurzarbeitsentschädigungen die Ferien- und Feiertagsentschädigungen nicht berücksichtigt wurden. Hier kann es sich lohnen, vorsorglich ein Wiedererwägungsgesuch an die Arbeitslosenkasse zu stellen.

 

Wenn Sie Unterstützung und Beratung im Zusammenhang mit der Kurzarbeitsentschädigung oder in anderen Fragen des Arbeitsrechts benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.