Urlaubsabgeltung im Krankheitsfall: Zwei neuere wichtige Entscheidungen

Kann ein Arbeitnehmer noch Urlaub bzw. Urlaubabgeltung für Zeiträume verlangen, in denen er erkrankt war?

Hierzu haben zunächst der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und kurz darauf in Anlehnung daran das LAG Düsseldorf wichtige Entscheidungen gefällt:

Zunächst hat der EuGH am 20.01.09 (Entscheidung „Schultz-Hoff“, Az. C-350/06, C-520/06, C-350/06, C-520/06) entschieden, dass Regelungen europarechtswidrig und damit unwirksam sind, wonach

„der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Bezugszeitraums und/oder eines im nationalen Recht festgelegten Übertragungszeitraums auch dann erlischt, wenn der Arbeitnehmer (…) krankgeschrieben war und seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses fortgedauert hat, weshalb er seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte.“

Außerdem stellt der EuGH fest, dass Regelungen europarechtswidrig sind, nach denen dem Arbeitnehmer

„für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt wird, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums (…) oder eines Teils davon krankgeschrieben (…) war und deshalb seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte.“

Diese Entscheidung wurde vom LAG Düsseldorf (Urteil v. 02.02.09, Az.: 12 Sa 486/06) konsequent umgesetzt, der Leitsatz lautet:

„Für den gesetzlichen Anspruch auf Erholungsurlaub von jährlich vier Wochen gilt, dass diesen auch ein Arbeitnehmer erwirbt, der während des ganzen Jahres krankgeschrieben war. Zudem verfällt nicht genommener Urlaub nicht, sondern ist nachzugewähren beziehungsweise nach Ende des Arbeitsverhältnisses abzugelten.“

Nach dieser Rechtsprechung wird also folgendes zu berücksichtigen sein:

1. Der Urlaubsanspruch wird nicht nur für Zeiten erworben, in denen der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat, sondern auch für Zeiten, in denen er krankgeschrieben war.

2. Auch verfällt der Urlaubsanspruch nicht, sondern ist vom Arbeitgeber zu späterer Zeit nachzugewähren, wenn der Urlaub im Urlaubsjahr nicht erteilt wurde (bzw. werden konnte). Außerdem hat der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Abgeltung des noch offenen Urlaubs, und zwar auch dann, wenn er während des gesamten Urlaubsjahres und darüber hinaus krankgeschrieben war.

Martin Eigenberger

 

Rechtsanwalt

Karlsruhe